von Andreas Safft, Lüneburg (D)
Andreas Safft |
10, 15 oder 30 Kilometer stehen zur Wahl. Ohne groß nachzudenken, wählte ich den Dreißiger als Distanz. Eigentlich wahnsinnig – ich bin in diesem Jahr im Training oder Wettkampf noch nie länger als 25 Kilometer gelaufen. Aber will ich nicht im Herbst noch einen Marathon laufen? Also hopp!
Pünktlich zum Start geht das Nieseln langsam, aber stetig in einen norddeutschen Landregen über. Ich befürchte angesichts meines zuletzt überschaubaren Trainingseifers, dass ich spätestens nach 2000 Meter abgeschlagener Letzter dieses Elitefelds mit rund 400 Läufern sein werde.
So schlimm wird es dann doch nicht. Das Feld fließt, ich fließe mit. “Nur noch 25 km” heißt es am Zippendorfer Strand – kaum habe ich diese hintersinnig ironische Information verkraftet, lese ich drei Minuten später “Nur noch 24 km”. Das war entweder der schnellste Kilometer meines Lebens, oder das am schlechtesten platzierte Kilometerschild Norddeutschlands.
Wir passieren Wälder und Felder, kleinere Vororte oder eine Plattenbausiedlung, die noch sehr nach DDR aussieht. Ich bin inzwischen so durchnässt, dass ich kaum merkt, dass es inzwischen aufgehört hat zu regnen. Kaum habe ich Kilometer 25 geschafft, beschweren sich meine trotzdem meine Beine: “Mensch, so viel Arbeit sind wir gar nicht mehr gewöhnt. Bist du sicher, dass wir noch nicht im Ziel sind?” Ich verschweige meinen Beinen gemeinerweise, dass der dickste Brocken ja noch auf sie wartet.
Gleichzeitig sehe ich das Schild “Nur noch 2 km” und den Monsteranstieg vor mir. “Um Himmels willen”, denke ich. Nein, ich muss es wohl laut gesagt haben, denn mein Laufnachbar grinst mich nur an und mein: “Dahinter kommt noch so einer.”
Wer glaubt, dass es in und um Schwerin flach ist, der sollte sich nur einmal die Lankower Berge anschauen, ein Überbleibsel aus der Eiszeit, das auch „Hölle des Nordens“ genannt wird. Nur 30 Meter hoch, gefühlt aber eher 300 – und unglaublich steil. Irgendwie komme ich laufend, trabend, gehend doch rüber und höre kurz darauf Lautsprecherdurchsagen aus dem Zielraum.
Eine letzte Kurve, noch 200 Meter. Zwei Frauen und zwei Männer schießen plötzlich an mir vorbei – diese Streber! Ich komme, das ist doch das Wichtigste, trotzdem mit einem lockeren Gefühl ins Ziel. Aber auch mit dem Gedanken: gut, dass jetzt Schluss ist. Und dass im Zielraum sehr, sehr leckerer Kuchen auf mich wartet.
Im Ziel |